Schokolade auf Kosten anderer
Tony’s ist da, den bitteren Beigeschmack aus der Kakaoindustrie zu verbannen. Doch das ist immer noch nicht genug. Deshalb haben wir tiefer geforscht..
Dank der Tony’s-Prämie zusätzich zu der von Fairtrade bezahlen wir den Kakaobauern mehr als den üblichen Marktpreis für ihren Kakao. Wie kommt es also, dass sie noch immer in Armut gefangen sind? Unsere Studien zu den Living Standards und Welfare Surveys haben das Ziel, diese Vielschichtigkeit von Armut zu verstehen. Denn nur so können wir ernsthafte Maßnahmen dort ergreifen, wo sie am dringendsten benötigt werden.
Wenn du an 'reich' denkst, kommt dir wahrscheinlich unsere reichhaltige Vollmilch Karamell-Meersalz Tafel, das Bankkonto eines Millionärs, oder der Lebensstil eines durchschnittlichen Millennials in den Sinn.. Aber an was denkst du bei 'Armut'? Vermutlich entsteht ein weit weniger attraktiveres Bild, aber mindestens ebenso komplex. Denn Armut ist ein vielschichtiges Problem und leider die Hauptursache für moderne Sklaverei und illegale Kinderarbeit in der Schokoladenindustrie. Tony’s ist da, um diesen bitteren Beigeschmack aus der Kakaoindustrie zu verbannen. Und dazu gehört auch die Zahlung eines höheren Preises für Kakao. Doch das ist immer noch nicht genug. Deshalb haben wir tiefer geforscht..
Es geht nicht nur um Geld..
Es ist nämlich so: Armut ist viel mehr als ein Mangel an finanziellen Mitteln. Es mangelt an grundlegenden Rechten, Einrichtungen und Möglichkeiten. Um ein ganzheitliches Bild der Problematik zu erhalten, führen wir jährlich die Living Standards und Welfare Survey (LSWS) durch, die auf der Grundlage des internationalen Multidimensionalen Armutsindex (MPI) konzipiert wurden. Dieser MPI befasst sich mit verschiedenen Dimensionen der Armut - mehr als nur Geld - in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Lebensbedingungen. Auf diese Weise sehen wir nicht nur, wer in Armut lebt, sondern auch wie. Es ist sehr wichtig, das Problem aus allen Blickwinkeln anzugehen.
Die Ergebnisse sind schockierend.
In den Jahren 2019 und 2020 haben wir Agenturen beauftragt, Zufallsstichproben von mehr als 900 Bauern aus unseren Partnergenossenschaften in Ghana und der Elfenbeinküste zu erheben. Ungefähr ein Drittel der von uns befragten Bauern in Ghana gelten nach MPI-Standards als arm (33,7 % im Jahr 2019, 27,2 % im Jahr 2020). In der Elfenbeinküste ist es fast die Hälfte (45,9 % im Jahr 2019, 44,9 % im Jahr 2020). Und da Armut die Hauptursache für illegale Kinderarbeit und moderne Sklaverei ist, bedeutet das, dass wir weit entfernt sind von unserer Vision: 100 % sklavenfreier Schokolade.
Aber es gibt auch eine gute Nachricht..
Denn die Umfrage zeigen uns nicht nur, wo wir handeln müssen, sondern auch wie. Die Zahlen offenbaren, wie benachteiligt die Bauern sind. Deswegen können diese Zahlen uns auch als Grundlage für Entwicklungspläne für die Gemeinden in unseren Partnerkooperativen dienen. Wir unterstützen die Bauern dabei, wie sie ihre Tony's-Prämie (also das zusätzliche Geld, das wir den Bauern zusätzlich zu den Marktpreisen zahlen) verteilen können.
Allerdings liegt es ganz bei den Bauern (und nicht bei Tony’s) zu entscheiden, wie sie die Prämie einsetzten möchten. Letztes Jahr wurden durchschnittlich 12 % für die Entwicklung der Gemeinschaft ausgegeben. Es mag widersprüchlich klingen, aber wir wollen nicht, dass die Bauern zu viel von ihrer Prämie für diese Projekte ausgeben. Die überfällige Instandhaltung von Gemeinschaftseinrichtungen muss wirklich von anderen Parteien wie Regierungen, Stiftungen und Unternehmen bezahlt werden, die ihre Bohnen zu lange für viel zu wenig Geld gekauft haben. Und für all’ die Zweifler, die sich jetzt fragen: “machen diese Projekte wirklich einen Unterschied?” Ihr könnt ihren positiven Einfluss in den MPI-Ergebnissen nachlesen.
Wir haben die größten Ursachen für die Armut der Kakaobauern entdeckt..
Indem wir tiefer in die Ergebnisse eingetaucht sind, haben wir auch die 5 häufigsten Herausforderungen in Bezug auf Wohlstand und Lebensstandard entdeckt:
- Kinder im schulpflichtigen Alter, die nicht zur Schule gehen (hauptsächlich in der Elfenbeinküste)
- Mangel an sauberem Trinkwasser, sanitären Einrichtungen und Elektrizität
- Verwendung von schlechtem Kochbrennstoff
- Ernährungsunsicherheit
- Mangelhafte Unterkunft
Es gibt auch einige auffällige Geschlechtsunterschiede in der Liste der bei unseren Partnergenossenschaften registrierten Bauern. In Ghana gibt es viel mehr weibliche Bauernfamilien (±35 %) als in der Elfenbeinküste (±8 %). In beiden Ländern werden die Frauen für ihre Arbeit wesentlich schlechter bezahlt und erhalten dafür viel weniger Anerkennung.
Also.. was ist der Plan?
Ganz einfach: Jetzt handeln! Nachdem wir nun die Hauptursachen der Armut unter den Bauern identifiziert haben, haben wir 5 gezielte Aktionspunkte ausgearbeitet:
1. Bessere Bildung
Wir unterstützen unsere 7 Partnerkooperativen weiterhin, indem wir Schulfonds einrichten und den Zugang zu Bildung in den Kakaogemeinschaften verbessern. Dazu gehört der Bau und die Renovierung von Schulen und Schulkantinen. Wir öffnen die Türen zur Bildung, indem wir helfen, gültige Geburtsurkunden zu erstellen (bereits 3.440 in der Elfenbeinküste!). Wir drängen auch weiterhin auf die Verbesserung der Bildungsqualität und schließen uns weiteren Initiativen an, wie z.B. dem "Transforming Education in Cocoa Communities"-Programm der Jacobs Foundation.
2. Fokus auf sauberes Trinkwasser und sanitäre Einrichtungen
Die Pläne, die wir von unseren Partnerkooperativen erhalten haben, beinhalten bereits Projekte zur Verbesserung des Zugangs zu sauberem Trinkwasser und sanitären Einrichtungen. Darüber hinaus hat ein kürzlich durchgeführtes Projekt (borewell) mit unseren ivorischen Kooperativen den Zugang der Haushalte zu sauberem Trinkwasser von 62,5 % im Jahr 2019 auf 73,9 % im Jahr 2020 erhöht. Das sind super Fortschritte und auf keinen Fall nur Wasser auf dem heißen Stein!
3. Kein Hunger!
Ernährungsunsicherheit wird nicht nur durch die Tatsache verursacht, dass man sich kein Essen leisten kann. Das ist ein großer Teil davon, und der Grund dafür, dass wir den Bauern eine zusätzliche Prämie bezahlen. Aber Prämien zu zahlen, ohne das Verhalten zu ändern, wird den Armutskreislauf nicht durchbrechen. Aus diesem Grund haben wir begonnen, Landwirte zu coachen, um die Erträge zu steigern, und um zu untersuchen, wie wir die Einkommensquellen der Landwirte diversifizieren können (Fans unserer 5 Sourcing Principles werden hier ein Muster erkennen).
4. Kochen mit besseren Techniken
Man ist, was man isst (ein Hurra für Schokofans!), aber im Ernst: mit modernem Brennstoff (anstatt mit Holz oder Holzkohle) zu kochen, bedeutet weniger schädliche Dämpfe und weniger Brandgefahr. Zusammen mit den Gemeinschaften erforschen wir, wie wir die sichersten Optionen anbieten können.
5. Extra Aufmerksamkeit für das Geschlecht
Das Empowerment der Frauen und der Schutz der Kinder sind eng miteinander verbunden. Deshalb achten wir schon jetzt bei all’ unserer Arbeit besonders auf die Geschlechterverteilung. Wir gehen sogar noch einen Schritt weiter, indem wir eine operationelle Geschlechterpolitik entwickeln, die sich auf alle Bereiche unserer Arbeit erstreckt. Und durch The Chocolonely Foundation* unterstützen wir weiterhin Gender-Projekte, wie zum Beispiel das 100 Weeks Programm.
*Eine unabhängige Stiftung, die Tony's in seiner Mission unterstützt, mit Schwerpunkt auf Aktivitäten außerhalb der Kakaolieferkette, um die moderne Sklaverei zu beenden.
Wir sind noch nicht am Ziel..
Um sicherzustellen, dass wir weiterhin in die richtige Richtung gehen und, um unsere Fortschritte zu verfolgen, wollen wir die Studie jedes Jahr aufs Neue durchführen (natürlich jetzt mit genügend Sicherheitsabstand, versteht sich). Wir werden die Armut in all’ ihren komplexen Dimensionen langfristig und vorausschauend angehen. Denn Armut ist ein vielschichtiges Thema. Nur wenn wir eine Herausforderung nach der anderen meistern, können wir gemeinsam 100 % sklavenfreie Schokolade zur Norm machen.